CD jw 163 NIKOLAUS NEUSER 5TET
PINK ELEPHANT

NIKOLAUS NEUSER trumpet
SILKE EBERHARD alto saxophone
GERHARD GSCHLÖßL trombone
MIKE MAJKOWSKI bass
BERND OEZSEVIM drums
DE
DENK NICHT AN DEN ROSA ELEFANTEN!
Don’t think of the pink elephant! Man kennt dieses Phänomen, den ‚Rosa-Elefanten-Effekt‘: Vermeidet man, an einen solchen zu denken, wird er unweigerlich munter durchs Gehirn spazieren. Dieses ‚Denkverbot‘ ist zum Scheitern verurteilt. Immer wenn wir das Stück spielen, blitzt er sofort in meinem Kopf auf – er sieht ein bisschen aus wie Dumbo, ein surrealer, freundlicher Freejazz-Elefant, durchsichtig wie eine Seifenblase, munter vor sich hin trötend, mit großen Ohren. Außerdem flugfähig.
Ein Rosa Elefant tanzt zu Happy Vamping im mehrdimensionalen Raum. Sich uner-wartet auf der Erde mitten im Ruhrgebiet in der Eigenen Tat wiederfindend wäre er doch soviel lieber ein Würfel und würde im Berliner Tiergarten hocken und mindestens ‚Einweinfrei‘ genießen.
In der DDR gab es unter Musikern und Kabarettisten den Begriff des rosa – oder auch grünen – Elefanten, der zur Täuschung der staatlichen Zensur verwendet wurde. Um möglichst viele und wichtige Anspielungen durchzubekommen, wurden extremere Anspielungen als Ablenkungsmanöver in die Rohfassung eingebaut. Eine kleine Maus sieht man nicht nach einem großen Elefanten.
„Pfrümmff!“ murmelt er lautmalerisch vor sich hin, wie ein Mantra, das ihn daran hindern soll an rosa Elefanten zu denken. Ein sinnloses Unterfangen. Munter trabt er von dannen – Jalla Jalla! Los. Schneller…
Nikolaus Neuser verarbeitet solcherlei Bilder und Assoziationen in seiner Musik. Seine Ideen sind oft außermusikalischen Ursprungs, oftmals durch Philosophie oder Wissenschaft inspiriert. Er bewegt sich frei zwischen Jazz und improvisierter Musik, ohne Dogma, nicht klischeehaft, sondern mit Neugier. Sein Spiel ist phantasievoll und forschend. Seine Kompositionen sind vielschichtig, manche sind wie Collagen, die dekonstruktiv hinterfragt und aufgelöst werden. Es sind paradoxe und verdrehte Geschichten, die hier erzählt werden, surreal, aber wie aus einem Guss.
Dekonstrukt … schon wieder eine Baustelle. Berlin. Hier wird auf- und abgebaut, zerlegt, umgezogen, abgerissen, dann wieder alles neu gemacht oder irgendwie anders wieder hingestellt.
Seit Anfang des Jahrtausends lebt Nikolaus in Berlin und seit mehr als 10 Jahren arbeiten wir in verschiedenen Ensembles zusammen. Er ist außerdem Mitglied meiner beiden Eric Dolphy-Ensembles POTSA LOTSA und POTSA LOTSA PLUS. In seinem Quintett vereint er Musiker der aktuellen kreativen Berliner Szene, die seit Jahren in unterschiedlichen Zusammenhängen miteinander musizieren. Ich freue mich, dass dieses Album nun vorliegt – und dass ich daran beteiligt bin!
… halluzinierend? Ein Zoo taucht auf… er breitet seine Ohren aus und fliegt davon. Was soll’s, denkt er, worüber man nicht sprechen kann, darüber soll man schweigen. Die Luft ist klar, von irgendwo ist eine Trompete zu hören. Wo zum Teufel gibt es Albinoelefanten?
Man muss nicht unter Halluzinationen leiden, um einen rosa Elefanten zu sehen. Sie sind nicht bloß ein Produkt unserer Phantasie, und es ist durchaus möglich ihnen in freier Wildbahn zu begegnen. Als Albinos treten sie in Schattierungen von weiß bis rosa auf und sind in allen von Elefanten besiedelten Räumen aufzufinden. Silke Eberhard im September 2015

EN
DON’T THINK OF THE PINK ELEPHANT!
Don’t think of the pink elephant! One is aware of this phenomenon, the ‚pink elephant effect‘: If one makes an effort not to think of it, he will undoubtedly appear in one’s head. This ‚ban to think‘ is doomed to fail. Whenever we play this tune, he immediately pops up in my head. He looks a bit like Dumbo – a surreal, friendly free jazz-elephant, transparent like a soap bubble, happily hooting about, sporting big ears. And he can fly.
In a multi-dimensional space a pink elephant is dancing along to Happy Vamping. Unexpectedly finding himself on Earth in the middle of the Ruhr area and in the midst of his Eigene Tat, he would much rather be a cube, sitting in the Berlin Tiergarten and at least enjoying ‚Einweinfrei‘.
In the former GDR there existed among musicians and comedians the term ‚pink – or indeed green – elephant‘, used to outwit governmental censorship. In order to pass as many important innuendos as possible, even more extreme innuendos were used as decoy and worked into the rough version. Nobody will notice a small mouse next to a large elephant.
„Pfrümmff!“ he muttered onomatopoeically, using the term like a mantra to keep him from thinking of the pink elephant. A useless endeavor. Happily he trotted away – Jalla Jalla! Go. Faster…
Nikolaus Neuser processes such images and associations in his music. His ideas are often derived from realms other than that of music, often inspired by philosophy or science. He moves freely between jazz and improvised music, devoid of dogma and any clichés, instead with a sense of curiosity. His play is full of fantasy and of an inquisitive nature. His compositions are manifold; some are like collages that deconstruct and question and are being dissolved. Paradox, twisted stories are being told here; surreal, but seamless.

Dekonstrukt … yet another construction site. Berlin. Here one builds and tears down, dismantles, moves, tears down, then creates anew from scratch or arranges in a new and different way.
Nikolaus has lived in Berlin since the beginning of this century, and for over ten years now we have been working together in various ensembles. In addition, he is a member of both of my Eric Dolphy-ensembles POTSA LOTSA and POTSA LOTSA PLUS. In his quintet he unites musicians of the current creative scene in Berlin, who have been making music together for years now in different contexts. I am happy that this album has arrived now – and that I am a part of it!
… hallucinating? A zoo appears… he spreads his ears and flies away. Who cares, he’s thinking, that of which one cannot speak should remain unsaid. The air is clear, a trumpet sounds from somewhere in the distance. Where the hell do albino elephants live?
One does not need to suffer from hallucinations in order to see a pink elephant. They are not merely a product of our imagination, and it is perfectly possible to encounter them in the wild. As albinos they come in shades of white to pink, and they exist in all areas naturally inhabited by elephants. Silke Eberhard, September 2015 – Translation: Esther Diora

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