3-CD Box Phil 06034
VOGLER QUARTETT
+ 56 Seiten/Pages Booklet

30 Jahre / Years VOGLER QUARTETT

CD 1
KURT WEILL
Streichquartett Op.8 (1922/23)
HANS WERNER HENZE
3. Streichquartett (1976)
JÖRG WIDMANN
4. Streichquartett (2005)
CD 2
MAURICIO KAGEL
V. Streichquartett (2006)
MAURICE RAVEL
Streichquartett F-Dur (1902/03)
VOGLER QUARTETT
TIM VOGLER Violine
FRANK REINECKE Violine
STEFAN FEHLANDT Viola
STEPHAN FORCK Violoncello
CD 3
OTTORINO RESPIGHI
Il Tramonto (1914)
ANTÓN GARCÍA ABRIL
Canciones del jardín secreto (2001)
ERNEST CHAUSSON
Bearbeitung: ANTÓN GARCÍA ABRIL
Le temps des lilas (1886/2001)*
ZANDRA McMASTER Mezzosopran
VOGLER QUARTETT:
TIM VOGLER Violine
FRANK REINECKE Violine
STEFAN FEHLANDT Viola
STEPHAN FORCK Violoncello
* MICHAEL McHALE Piano

Sehr geehrte Damen und Herren,
in der Saison 2014/15 hat das Vogler Quartett sein 30-jähriges Jubiläum gefeiert. Um eine Erinnerung für Sie und uns selbst zu bewahren, haben wir unsere vier Konzerte im Konzerthaus Berlin live mitgeschnitten, um von ausgewählten Werken dieser Konzerte eine CD-Box zusammenzustellen. Das Ergebnis liegt hier vor.
Wir haben uns dafür entschieden, diejenigen Werke zu veröffentlichen, welche im 20. oder im 21. Jahrhundert entstanden sind. Es gibt zwar zwischen den Werken auf der CD keinen direkten thematischen Zusammenhang, aber alle sind in unseren Konzerten jeweils im Kontext eines stimmigen Abendprogrammes erklungen.
So verschieden sie sind, sie liegen uns alle am Herzen. Jedes dieser Werke geht in eine andere künstlerische Richtung, es sind vielseitig beschrittene Wege.
Allen Werken ist gemeinsam, dass sie eigentlich die Schönheit suchen, und diese auch finden. Man muss nur lauschen, sich die Zeit nehmen.
So gibt es etwa am Ende des dritten Quartettes von Henze eine ganz zarte, traurige Erinnerung an Beethovens ‚Muss es sein?‘ aus seinem letzten Quartett op. 135. Das ganze Werk ist durchzogen von einer Nähe zum sogenannten ‚Tristanakkord‘, auch wenn dieser in seiner Originalform nie erklingt. Zudem zitiert Henze auch Bergs ‚Lyrische Suite‘, die sich ihrerseits auf Wagners Oper ‚Tristan und Isolde‘ und den Liebestod bezieht. Dieses dritte Quartett, bis heute mehrheitlich missverstanden und in dem Rufe stehend, eines der erfolglosesten Werke von Henze zu sein, bekundet eine tief gebrochene, spätromantische Seele, die durch eine künstlerische Verschlüsselung vielleicht nicht auf Anhieb zugänglich, aber doch von tiefer Schönheit geprägt ist.
Das 5. Quartett von Kagel haben wir in der Endphase vor der Uraufführung gemeinsam mit ihm selbst erarbeiten dürfen. Der von uns erwartete ‚musikalische Revoluzzer‘ und scharfe Ironiker erschien uns in der Hochschule in Berlin als ein feiner und weiser alter Mann, zart und genau zuhörend, der auch an der Partitur, im Zuge der Arbeit, noch Änderungen vornahm. Auf meine Frage, ob es zu seinem Quartett auch eine innere ‚Geschichte‘ gäbe, eine Art ‚Programm‘, bekam er den fernen Blick und antwortete, das könne schon sein,
– aber was ihn in diesem Moment bewegte, gab er nicht preis.
Die Suche nach dem Weg: am Anfang des 20. Jahrhunderts, noch vor dem großen Umbruch durch die Zwölftonmusik, war die Dringlichkeit der Suche nach neuen Sprachen in der Musik deutlich zu spüren, und in diesem Sinne verstehen wir auch Ravels Quartett. Die Verwendung von fernöstlichen und baskischen Motiven in einer nahezu expressionistischen Art, verwoben zu kristalliner und dennoch sehr berührender Schönheit, kann sehr modern wirken, wenn man es denn so sehen möchte.
Kurt Weills Quartett op. 8 (dieses Quartett haben wir aus einem früheren Konzert mit auf die CD-Box genommen) findet einen ganz anderen sprachlichen Modus, es erinnert entfernt bereits an seinen späteren Song-Stil, aber es passt auch in die Zeit, in der es entstanden ist, die 20-er Jahre. Emil Nolde, Max Beckmann, Otto Dix. Die Musik klingt wie ein Bild.
Jörg Widmanns 4. Quartett wurde erst in der Nacht vor der Uraufführung fertig. In den beiden Wochen zuvor kam, per Fax in unsere Proben, täglich eine Partiturseite. Fertig zusammengeklebt und eingerichtet haben wir das Quartett auf der Zugfahrt von Berlin nach Essen am Konzerttag selbst. Auch die Probe mit Jörg fand erst am Tag der Aufführung vor Ort statt. Das Quartett steht in einem Spannungsbogen zwischen Barock und Moderne. Geräuschhaftigkeit, Atmen, Verfremdungen. Auch hier gilt, Schönheit findet, wer sich dafür bereit macht.
Antón García Abril ist der Altmeister der spanischen neuen Musik, und da wir das Glück hatten, gemeinsam mit ihm persönlich und der Mezzosopranistin Zandra McMaster seine Lieder ‚Canciones del jardín secreto‘ einzustudieren und in Spanien und in Berlin aufzuführen, sind wir froh, Teile dieses Berliner Konzertes ebenfalls auf die CD zu bringen. Abril arbeitete, ähnlich wie Kagel, zart, aber beharrlich mit uns an seiner Musik, unnachgiebig, bis ein spezifisch andalusischer Tonfall gefunden war.
Wir danken dem Konzerthaus Berlin für die Unterstützung dieses Projektes, wir danken Zandra McMaster und Michael McHale für die musikalische Partnerschaft, Tobias Hoff für die Aufnahmen, sowie Ulli Blobel für seinen Enthusiasmus, diese CD-Box mit ‚Neuer Musik‘ zu veröffentlichen. Tim Vogler – Schwerin, 21. November 2016

VOGLER QUARTETT BIOGRAFIEN/BIOGRAPHIES Mai/May 2017
DE
Individualität, die sich im Gemeinsamen entfaltet – hier liegt wohl das Geheimnis des Vogler Quartetts, welches seit 1985 in unveränderter Besetzung weltweit eine einzigartige Karriere verfolgt. Mit kammermusikalischer Intelligenz, spieltechnischer Souveränität und interpretatorischem Feingefühl lassen Tim Vogler, Frank Reinecke, Stefan Fehlandt und Stephan Forck einen unverkennbaren Streichquartettklang entstehen, der dank der lebendigen Ensemblekultur immer neue Perspektiven gewinnt.

Der erste Preis beim berühmten Streichquartettwettbewerb in Evian 1986 machte das ostdeutsche Ensemble von der Berliner Hochschule für Musik ‚Hanns Eisler‘ bereits ein Jahr nach der Gründung international bekannt. Eberhard Feltz, György Kurtág und das LaSalle Quartett, hier vor allem Walter Levin, förderten das Quartett und wurden zu prägenden Mentoren.

Sein umfangreiches Repertoire, das die klassische Quartettliteratur von Haydn bis zu Bartók und der Zweiten Wiener Schule umfasst, erweitert das Ensemble mit weniger bekannten Werken und neuer Musik. Die vier Musiker führten u.a. die Werke von Karl Amadeus Hartmann sowie das mehrstündige Quartett Nr. 2 von Morton Feldman auf und realisierten zusammen mit dem Arditti Quartett einen Rihm-Zyklus zur EXPO 2000. Zu den Uraufführungen zählen Kompositionen von Moritz Eggert, Frank Michael Beyer, Ian Wilson, Jörg Widmann, Mauricio Kagel, Erhard Grosskopf, Taner Akyol und aktuell im März 2017 das Quartett ‚Von Liebe zur Linie‘ des deutschen Komponisten Sven-Ingo Koch.

Regelmäßig arbeitet das Vogler Quartett mit namhaften Künstlern wie Jörg Widmann, David Orlowsky, Salome Kammer und Jochen Kowalski sowie mit Tatjana Masurenko und Oliver Triendl zusammen und vergrößert damit sein Spektrum. In seiner langen Karriere konzertierte das Quartett u.a. mit Kammermusikgrößen wie Lynn Harrell, James Levine, Bernard Greenhouse, Boris Pergamenschikow und Menahem Pressler. Mit der Sängerin Ute Lemper verbindet das Vogler Quartett eine langjährige Zusammenarbeit. Für die Saison 2018/19 sind gemeinsame Konzerte mit der Sopranistin Christiane Oelze u.a. mit Faurés ‚La Bonne Chanson‘ in Planung.

In den europäischen Musikzentren fühlen sich die vier Musiker ebenso zu Hause wie in den USA, Japan, Australien und Neuseeland. Sie waren bereits auf nahezu allen wichtigen Konzertpodien zu Gast und spielten in diversen europäischen und nordamerikanischen Kammermusikreihen. Seit 1993 veranstaltet das Vogler Quartett im Berliner Konzerthaus am Gendarmenmarkt eine eigene Konzertreihe, mit Beginn des Jahres 2000 ebenfalls in Neubrandenburg. 2000 gründete das Ensemble das jährlich stattfindende Kammermusikfestival ‚Musik in Drumcliffe‘ im irischen Sligo und übernahm 2002 die künstlerische Leitung der Kammermusiktage Homburg/Saar.

Neben der Konzerttätigkeit engagieren sich die Musiker stark für den musikalischen Nachwuchs. Sie unterrichten an den Hochschulen in Berlin, Frankfurt, Leipzig, Stuttgart und Dublin und geben Meisterkurse für professionelle Quartette in Europa und Übersee. Als Nachfolger des Melos-Quartetts hatte das Vogler Quartett die Professur für Kammermusik an der Musikhochschule in Stuttgart inne. Im Bereich der Musikvermittlung zählen die Instrumentalisten zu den aktivsten deutschen Kammermusikensembles. Sie verwirklichen Kinder- und Jugendprojekte beim jährlichen Festival ‚Musik in Drumcliffe‘ in Irland und seit 2005 bei den mehrfach ausgezeichneten Nordhessischen Kindermusiktagen.

Anlässlich des 30-jährigen Quartettjubiläums erschien Anfang 2015 im Berenberg Verlag eine umfangreiche Künstlerbiografie mit dem Titel ‚Eine Welt auf sechzehn Saiten – Gespräche mit dem Vogler Quartett‘.

Die Diskographie des Vogler Quartetts beinhaltet eine Reihe hochgelobter Einspielungen für die Labels BMG/RCA, Nimbus, col legno und cpo. Bei der ‚Profil‘-Edition Günter Hänssler wurden Schubert- und Mendelssohn-Interpretationen veröffentlicht. Die bei Sony erschienene CD ‚Paris Days – Berlin Nights‘ mit Ute Lemper und Stefan Malzew erhielt eine Grammy-Nominierung. Im April 2014 legte das Vogler Quartett bei ‚Phil.harmonie‘ ein Tango-Album mit dem Bandoneonisten Marcelo Nisinman vor. Derzeit entsteht eine Gesamtaufnahme der Dvořák-Quartette für das Label cpo.

EN
Individuality finding harmonious expression in ensemble – this has to be the quintessence of the Vogler Quartet, an ensemble which can claim the distinction of retaining its original membership since its formation in 1985. With an intelligent approach to the genre of chamber music, a brilliant playing technique, interpretive tactfulness and a vibrant ensemble spirit, Tim Vogler, Frank Reinecke, Stefan Fehlandt and Stephan Forck have created a unique string quartet sound which consistently offers new insights into the genre.

This East German ensemble had its beginnings at the Hanns Eisler Musical Academy in Berlin. It became internationally renowned in 1986 only one year after its foundation as the first prize winner of the famous Evian string quartet competition. Eberhard Feltz, György Kurtág, and the LaSalle Quartet, notably Walter Levin, subsequently sponsored the quartet and became influential mentors.

The ensemble’s extensive repertoire of classical literature from Haydn to Bartók as well as the Second Viennese School is complemented by both contemporary and lesser known works. The four musicians have performed compositions by Karl Amadeus Hartmann and Morton Feldman, including Feldman’s monumental Quartet No. 2. Together with the Arditti Quartet, the group organised a cycle of Rihm’s works at the occasion of the EXPO 2000. Among the world premières are compositions by Moritz Eggert, Frank Michael Beyer, Ian Wilson, Jörg Widmann, Mauricio Kagel, Erhard Grosskopf, and Taner Akyol.

The Vogler Quartet actively broadens its field by collaborating with renowned artists. During its long career the group has performed with Lynn Harrell, James Levine, Bernard Greenhouse, Boris Pergamenschikow and Menahem Pressler. Projects are also underway with Tatjana Masurenko, Jochen Kowalski, Avi Avital, Jörg Widmann, and Finghin Collins.

The four musicians are as much at home in the musical centres of Europe as they are in America, Japan, Australia, and New Zealand. They have performed in all the major venues and featured in many European and American chamber music series. Since 1993, the quartet has organised its own concert series at the Berliner Konzerthaus am Gendarmenmarkt (The concert hall at the Gendarmenmarkt in Berlin). In early 2000 they began a concert series in the city of Neubrandenburg, and in the same year began the annual chamber music festival ‚Music in Drumcliffe‘ in Sligo, Ireland. In 2002 they took over the artistic direction of the Kammermusiktage (chamber music festival) at Homburg/Saar in Germany.

Besides their concert activities, the musicians actively sponsor young talent. They teach classes at colleges in Berlin, Leipzig, Stuttgart, and Dublin, and give master classes for professional quartets in Europe and overseas. As the successor of the Melos Quartet, the Vogler Quartet has also held the chair for chamber music at the music college in Stuttgart. The instrumentalists are among the most active German chamber music ensembles working with youth and children. They have initiated numerous projects during the annual chamber music festival ‚Music in Drumcliffe‘ in Ireland and since 2005 at the award winning ‚Nordhessische Kindermusiktage‘ (The North Hesse Children’s Music Festival).

The discography of the Vogler Quartet features a number of highly praised recordings for BMG/RCA, Nimbus, col legno, and cpo. Since 2005, the ensemble has been represented under the Günter Hänssler ‚profile‘ edition, and has released Schubert and Mendelssohn interpretations on this label. The album ‚Paris Days – Berlin Nights‘ with Ute Lemper and Stefan Malzew (released on the Sony label) was nominated for a Grammy award. The quartet is currently recording the complete quartets by Dvorák for cpo. In April 2014, the Vogler Quartet published a tango album in collaboration with bandoneon player Marcelo Nisinman for ‚Phil.harmonie‘. With the book ‚Eine Welt auf sechzehn Saiten – Gespräche mit dem Vogler Quartett‘ (by Frank Schneider, Berenberg Verlag) the ensemble celebrates its 30th anniversary.

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