CD jw 217 WOLFGANG SCHMIDTKE ORCHESTRA
BIRD
RYAN CARNIAUX trumpet
NIKOLAUS NEUSER trumpet
JOHN-DENNIS RENKEN trumpet
MATTHIAS SCHWENGLER trumpet
GERHARD GSCHLÖßL trombone
MATTHIAS MUCHE trombone
TOBIAS WEMBER trombone
PETER CAZZANELLI bass trombone
KRISTINA BRODERSEN alto saxophone
DENIS GÄBEL tenor saxophone
WOLFGANG SCHMIDTKE tenor & soprano saxophones, arrangements, leader
HELGA PLANKENSTEINER baritone saxophone
MICHEL LÖSCH piano
HARO ELLER double bass
BERND OEZSEVIM drums
DE
Es gibt in der Kunst bisweilen Persönlichkeiten, bei denen es uns unmöglich ist, den Mensch- die einfache Existenz- und sein/ihr Werk in Relation zu bringen. Mozart ist so ein Rätsel, egal, ob wir ihn lieben, oder nicht, setzten wir nur die Zahl an Notenblättern, die er schrieb in Verbindung zu seiner Lebenszeit, tun sich große Fragen auf- wann hat er das, wie geschafft? Wenn es im Jazz eine Figur gibt, die ähnlich unerklärbar bleibt, dann ist das Charlie Parker. Er hat recht spät, mit 17 Jahren, begonnen Saxophon zu spielen und hat weder auf diesem Instrument, noch allgemein musikalisch so etwas wie eine fundierte Ausbildung bekommen. Trotzdem hat er das Saxophon so virtuos gespielt, wie niemand zuvor und mit seinen melodischen Ideen hat er das Vokabular des Jazz vermutlich stärker geprägt, als jeder andere. Das Wort ‚Mainstream‘ wird gern abfällig genutzt, für Spielarten des Jazz, die relativ leicht verstehbar sind, da sie sich eines oft genutzten musikalischen Vokabulars bedienen. Da ist aber rein gar nichts negativ einzuschätzen. Eine ständig genutzte Umschreibung von Musik generell ist, dass sie eine universelle Sprache ist. Der Umgang mit Sprachen macht aber nur Sinn, wenn ich in der Lage bin, sie zu sprechen und sie zu verstehen. Charlie Parker hat so viel zu Syntax und Grammatik des Jazz beigetragen, dass es eigentlich keinen zeitgenössischen Jazzmusiker*in gibt, der/die nicht in einer Relation zum Jargon des Bird steht, mal direkt, mal in Anklängen. Natürlich ist es für jede Sprache wichtig, sich mit den Zeitläuften zu wandeln, sonst wäre sie nicht in der Lage, die Atmosphäre, die Realität der Gegenwart zu beschreiben. Diese Wandlungsfähigkeit und der Wille zur Veränderung macht den Dialekt Charlie Parkers aus. Seine harmonische Weitsicht und rhytmische Raffinesse hatten zu ihrer Zeit eine wahrhaft verstörende Wirkung. Sich seinen melodischen Linien zu widmen, ist ein großes Vergnügen. Sie dabei ins Jetzt zu transferieren, eine Verantwortung ihm, Bird, gegenüber. Wolfgang Schmidtke
EN
Occasionally, in art, there are individuals whose simple existence we struggle to understand in relation to their work. Mozart is one such enigma, regardless of whether we love him or not, if we just look at the amount of sheet music he produced in his lifetime, big questions arise – when did he do it? how did he do it? If there is one figure in jazz who remains similarly inexplicable, it is Charlie Parker. He started playing the saxophone pretty late, at the age of 17, and did not receive anything resembling formal training on this instrument, or in music generally. And yet, he played the saxophone with more virtuosity than anyone before him. And through his melodic ideas he probably shaped the vocabulary of jazz more than anyone else. The word ‚mainstream‘ is often used dismissively to refer to styles of jazz that are relatively easy to understand because they use a familiar musical vocabulary. But there is nothing negative about that. Music is often described as a universal language. But dealing with languages only makes sense if I am able to speak and understand them. Charlie Parker has contributed so much to the syntax and grammar of jazz that no contemporary jazz musician exists today who is not influenced in some way by Bird’s jargon, either directly, or in echoes. Of course, every language has to be able to change with the times, otherwise it could not describe the atmosphere, the reality of the present.
This mutability and the will to change is what makes Charlie Parker’s dialect so special. His harmonic foresight and rhythmic sophistication had a truly unsettling effect in their time. It is a great pleasure to devote oneself to his melodic lines. We owe it to Bird to transfer them into the present. Wolfgang Schmidtke / Translation: Miriamne Fields