CD jw 103 SILKE EBERHARD TRIO
WHAT A BEAUTY BEING

SILKE EBERHARD alto saxophone
JAN RODER double bass
KAY LÜBKE drums
DE
Keiner, der heute Altsaxofon spielt, kann, darf und will Vorläufer auf seinem Instrument ignorieren. Auch die Wahlberlinerin Silke Eberhard tut das nicht.Ganz im Gegenteil, denn jeder muss in solchen Deklinationen des Instruments Seins finden, will er nicht belanglos klingen oder nur ein Wiedergänger der Geschichte sein. In zwei ausführlichen und einzigartigen Hommagen hat sich Silke Eberhard dezidiert ihren Altvorderen gewidmet. Ihre Kunst besteht dabei darin, die Last der Geschichte in eine Lust für die Gegenwart umzumünzen. Zusammen mit Aki Takase widmete sie sich 2007 ganzen 32 Kompositionen Ornette Colemans. Im letzten Jahr ging Silke Eberhard mit einer solchen Ahnenanverwandlung noch einen Schritt weiter. In einem enzyklopädischen Opus, das ohne Vergleich ist, hat sie das kompositorische Gesamtwerk Eric Dolphys für Bläserquartett neu arrangiert und in einem mehr als 90minütigen Programm weitergedacht. Aber Silke Eberhard agiert auch in diversen Side-Projekten: in Duos mit Günter ‚Baby‘ Sommer oder Dave Burrell, in Ulrich Gumperts Orgelquartett, im Quintett CROOMP mit der österreichischen Posaunistin Petra Krumphuber, dem Quartett des portugiesischen Schlagzeugers Rui Faustino oder dem schottischen Trio NeWt.
Bei all den Aktivitäten aber bildet für Silke Eberhard ihr Trio mit Kontrabassist Jan Roder und Schlagzeuger Kay Lübke das Zentrum. Dies ist ganz unbedingt ihr Format für die eigene Musik, für das offensive De- und Neukonstruieren der Spurenelemente, für eine Musik, die abstrakt ist und doch swingt auf der Höhe der Zeit. Roder und Lübke gießen dafür ein felsenfestes Fundament. Voller Finesse tun sie das, enorm druckvoll, obwohl (oder gerade weil) Roder grundsätzlich unverstärkt spielt auf diesem Dutzend Stücke. Ganz ideal führen die beiden vor, dass so ein Gespann im modernen Jazz dieser Tage aus viel mehr bestehen muss als aus emanzipierten Rhythmusknechten. Sie nehmen sich alle Freiheiten, grundieren, stützen und treiben diese zwölf Stücke, treffen sich zu wundervollen Duopassagen voller Kraft und Subtilität.

Diese beiden Vokabeln kennzeichnen diese zweite CD des Trios, die unterm von Kurt Schwitters’schen Lautmalereien angeregten Titel die Schönheit des Seins feiert. In einem ebenso furiosen wie durchdachten Springen und Schwingen im Dreieck wird das getan, voller Energie und Fantasie und mit jeder Menge improvisatorischer Ideen. Die Geschichte dieser Band seit dem Debüt von 2008 (jazzwerkstatt 027) ist weitergegangen mit Konsequenz, Entdeckerfreude und Souveränität. Nichts verliert sich hier im Spontanen. Silke Eberhard spielt ausschließlich Altsaxofon diesmal, wobei sie ein 40er-Jahre-Equipment benutzt, mit dem sie dem Sound der Ahnen bis zu Johnny Hodges nahekommt, um von dort ihre Bögen zu schlagen. „Da ist noch lange nicht alles gesagt“, sagt sie und unterstreicht mit dieser ausgewogenen, kurzweiligen Musik nachdrücklich, dass sie mehr denn je eine der wichtigsten Stimmen des aktuellen deutschen Jazz ist. Ulrich Steinmetzger

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