CD jw 097 SVEN-ÅKE JOHANSSON
FÜR PAUL KLEE
inkl. 60 Seiten Buch / incl. 60 Pages Booklet

SVEN-ÅKE JOHANSSON voice & small megaphone (Flüstertüte)
ALEXANDER von SCHLIPPENBACH celesta
AKI TAKASE piano
WERNER DAFELDECKER double bass
PAUL LOVENS percussion
AXEL DÖRNER trumpet
DE
In einem Zimmer gefangen – Schälkchen auf meinen Lippen – Ich muß blaß sein – Sprache ohne Vernunft – Ein Gedicht mit den Reimen – Epigramme mit den Reimen – Eine Satire auf die Kraftmeierei – In solchem Zustand gibt – Gefastet – Satirisches Opus – Auf dürre Finger wird ein Tuch gespannt – Beim Anblick eines Baumes – Bin ich Gott? – Wahre Anekdoten – Der Mond – Handlung sei außerordentlich – Reduktion! – Die großen Tiere trauern am Tisch – Die Genesis als formale Bewegung ist das Wesentliche – Formbildung – Töne aus der Ferne – Romantische Attacken?
Musikalisierung von Paul Klee-Gedichten für eine Sextett-Formation Kompositionen: Sven-Åke Johansson, Alexander von Schlippenbach, Aki Takase Dass Paul Klee nicht einer der großen Komponisten des 20. Jahrhunderts geworden ist, verdanken wir im wesentlichen einer pubertären Regung, dass er nämlich im Alter von 18 Jahren gegen den Wunsch der Eltern opponierte. Er studierte in München Grafik und Kunst – und eben nicht Musik. Aber los wurde er sie dadurch nicht, die Musik. Im Gegenteil, sie blieb eine wichtige Anregung. Viele seiner Bilder lassen sich unmittelbar auf einen musikalischen Hintergrund oder einen Klangeindruck zurückführen.
Wie steht es hingegen mit Klees Verhältnis zu Dichtung und Sprache. Es ist oft auf die geistreichen Titel hingewiesen worden, mit denen er seinen Bildern eine zusätzliche Bedeutungsebene verlieh. Aber Klee liebäugelte darüber hinaus mit der Dichtkunst, ja in Tagebucheintragungen um die Jahrhundertwende ist öfter von der Möglichkeit, Schriftsteller zu werden, die Rede. Klee hat fast sein gesamtes Leben über Gedichte verfasst, die Existenz dieser Texte aber geheim gehalten. Die Quellen seiner erst posthum durch den Sohn herausgegebenen Gedichte sind: diverse Tagebucheinträge sowie ein kleines blaues Schulheft mit lyrischen Fragmenten und ausgearbeiteten Gedichte, das erst nach seinem Tode 1940 gefunden wurde.
Sven-Åke Johansson versteht das Launische und Sprunghafte der kleeschen Texte nicht als Makel, sondern als Qualität eigenen Rechts. Die dreizehn Vertonungen greifen genau diese Eigenschaften der Texte auf, ja man könnte sogar sagen, dass sich der Zusammenhang zwischen Wort und Musik in diesen Eigenschaften manifestiert. Johansson vertont Klees Gedichte nicht, er reichert sie an. Das gilt zunächst für den Vortrag, der auf einen zudringlichen Eingriff seitens des Musikers verzichtet. Sachlich, lakonisch und mit zurückhaltender Anspannung trägt Johansson diese Texte vor. Kein Drama, kein Pathos, keine humorvolle Übersteigerung, keine Wertung. Johanssons klare Diktion, seine deutliche, fast schon überzeichnete Aussprache verleiht Klees Texten etwas Lapidares, ohne ihnen das Persönliche und Intime zu nehmen. Die Musik verhält sich dazu, oder aber sie tut es nicht. Wollte man die Musik des gesamten Zyklus auf einen Begriff bringen, dann wäre der der Reflexion ein idealer Ausgangspunkt. Der aphoristische Charakter der Texte setzt eine musikalische Betrachtung frei, die sich in Farbspielen und Klangeffekten, in elaborierten Soli und kurzen Charakterepisoden niederschlägt. Ein Nachsinnen in Tönen also, aber dann auch wieder mehr als das. Denn die Musik illustriert, kommentiert und dramatisiert die Gedichte auch.
Entscheidend für die Musikalisierung der Texte ist, dass Johansson keine eigene Klangsprache erfinden musste, sondern dass er mit seinen über die Jahrzehnte hinweg erworbenen Mitteln der Texte habhaft wird. Und natürlich stehen der Freejazz und die freie Improvisation im Zentrum der Ausdrucksmöglichkeiten, schon weil die Musiker des Ensembles hier ihre Affinitäten ausleben können. Björn Gottstein

EN
FÜR PAUL KLEE is a record combining poems by Klee read by Sven Åke Johansson with arranged improvisations by Alexander von Schlippenbach, Aki Takase, Axel Dörner, Werner Dafeldecker and Paul Lovens. The arrangement seems to be (with the exception of a few composed bits) mainly an orchestration of the improvisers. One cannot help but hear an echo in this music of pieces from the second Viennese school like PIERROT LUNAIRE by Arnold Schönberg and WOZZECK by Alban Berg, but this group offers something completely different consisting of the exceptional improvisational skills and the strong individualities of each musician.
The form of the whole record goes through different constellations of the group, which gives it alot of space and clarity. This isn’t easy to do and not many improvising sextets (or even quartets) have been able to create such a clear and sharp result. The parametres of interplay in a sextet is something much more complex and challenging than in a small group, becuase so many more relationships are at play. The freedom aspect of improvisation can become an obstacle in such a situation, if the musicians don’t have a tremendous ability to listen to the totality, and use themselves as a tool of orchestration. This is exactly what this group of musicians are experts at. While listening, I never had the feeling that the silent members of the group were impatiently waiting to enter the band. Everything seems self-evident and that everything is allowed to take its time. The musicians are enormously mature and patient. Having said that, they don’t take that virtue to its disadventageous level, where patience and calm become boring and passive. Each section tells a new part of the story, a different perspective. A part of what makes this suite so interesting is that the instrumentation, and the different permutations of this intrumentation, is so captivating. The combination of celesta, piano and percussion gives a very unusual, dreamy sound. The structures coming from the interplay are very complex and subtle. It’s very rich.
One very striking thing here is the incredible sound of the drums. Lovens is unsurpassed in the art of tuning drums. It’s a sound which is awe-inspiring. His contributions are always both simple and complex – essential is the word which fits best. The timing, imaginativeness and meaningfulness of his phrases just proves again and again what a master he is. Here he is in the company of equally great masters. Dörner always gives each situation something which we didn’t know was needed, but turned out to be the perfect piece to the puzzle. Takase has a tremendous personality, musicality and touch. Schlippenbach also has a great timing and sense of form. Dafeldecker isn’t extrovertly self-assertive, but brings very tasteful things to the table which benefits the whole. Last, but not least, Johansson’s sprechgesang is an iconic contribution to the world of free improvisation. His musicality, originality and humour is one of a kind. In the end, it’s the collective effort and the whole of the music which matters. Listening to this record means entering another world that’s dreamlike, complex, subtle, funny, serious… No need to explain further, listen to it yourself!

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