2 CD jw 070 ULRICH GUMPERT WORKSHOP BAND:
ULRICH GUMPERT WORKSHOP BAND HEINZ BECKER trumpet, flugelhorn
MANFRED HERING alto & tenor saxophones
ERNST-LUDWIG PETROWSKY soprano & alto saxophones, clarinet
HELMUT FORSTHOFF tenor saxophone
(CD 1) IRI ANTONOW tenor saxophone
(CD 2) CONNY BAUER trombone
ULRICH GUMPERT piano
KLAUS KOCH double bass
GÜNTER ‚BABY‘ SOMMER drums
CD 1: UNTER ANDEREM: ‚N TANGO FÜR GITTI Recorded July 14, 1978 This album was first released by FMP 0600 CD 2: ECHOS VON KAROLINENHOF Recorded live March 1, 2 & 4, 1979 This album was first released by FMP 0710
DEU
In den Aufnahmen dieser Band wird zum Free Jazz getanzt und zum Marsch gejazzt. Das eine oder andere Stück beginnt wie eine vage Erinnerung an das, was man irgendwann schon einmal gehört hat, oder mit einem strahlend blauen Himmel in C. Es wird über Klangfl ächen improvisiert und im Walzer-Takt paradiert. Es gibt glückliche Ausgänge und Trugschlüsse, Fragezeichen, Parodien und subtile Irritationen. Und es gibt jede Menge freien, vitalen Jazz.
Zwei Aspekte durchziehen das Schaffen von Ulrich Gumpert: Eigensinn und Teamgeist. Er ist ein Einzelgänger, der imstande ist, andere Nonkonformisten in einer Gruppe, gar in einer großen Band zusammenzuführen. Zur Musik formulierte Gumpert im Gespräch mit Bert Noglik programmatisch: „Ich fi nde, man kann sich hierzulande nicht einfach hinstellen und nachspielen, was amerikanische Musiker entwickelt haben. Man kann es machen, aber es bringt nichts – das heißt, es bringt vielleicht Geld. Es ist wichtig, sich auf die eigenen Traditionen zu besinnen, die man ohnehin mit sich herumträgt wie einen Rucksack.“ Und schließlich der viel zitierte, sich auf die Eruption des Materials im freien Spiel beziehende Satz: „Nach dieser Erfahrung müssen natürlich wieder konkrete Formen gefunden werden. Man kann sich nicht nur einer Sache entledigen, man muss auch etwas Neues hervorbringen, das ist ein revolutionäres Prinzip.“Nach dem musikalischen Manifest „Aus teutschen Landen“ von 1972 (fünf Jahre später vom Ost-Berliner Plattenlabel Amiga unter dem Titel „Retrospektive“ veröffentlicht) hatte Gumpert die Workshop Band 1977 neu formiert, nun mit acht handverlesenen Musikern, acht unverwechselbaren Solisten. 1978 entstanden beim Rundfunk der DDR in Ost-Berlin die Aufnahmen für das Album „Unter anderem: ’n Tango für Gitti“, die von der West-Berliner Free Music Production, jedoch nicht in der DDR veröffentlicht wurden. Dem Produzenten Jost Gebers (FMP) war es in langen und hartnäckigen Verhandlungen mit Ost-Berliner Institutionen gelungen, die eingefrorenen Verhältnisse ein wenig aufzulockern. Die im März 1979 beim „Workshop Freie Musik“ in West-Berlin eingespielte Platte „Echos von Karolinenhof“ erschien als Koproduktion der FMP mit Amiga in Ost und West (in der DDR unter dem Titel „Ulrich Gumpert Workshop Band“).
Ekkehard Jost sprach im Zusammenhang mit Stücken des Repertoires von „respektlosen Hymnen“. Nostalgie und Aufbruch liegen manchmal nahe beieinander. Das traditionell bzw. bekannt anmutende Material nimmt mal die Rolle einer liebevoll bis ironisch vorangestellten Konvention ein, die zerfetzt und förmlich hinweg geblasen wird. Andernorts, und nicht selten, wirkt die Rückkehr zu Melodisch-Thematischem wie eine Erlösung nach den abstrakten Free-Jazz-Exzessen. Das Geheimnis für den Erfolg der Ulrich Gumpert Workshop Band dürfte nicht zuletzt im dramaturgischen Gespür für die abwechslungsreiche „Komposition“ der unterschiedlichen Komponenten liegen.

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