4 CD-Box jw 050 jazzwerkstatt Peitz 50
WALTER NORRIS / BARRE PHILLIPS – JOHN SURMAN – AINA KEMANIS / BILL CONNORS – J.-F. JENNY-CLARK / UWE KROPINSKI – MARCIO MATTOS / HARRY BECKETT – HARRY MILLER – LOUIS MOHOLO / JOE SACHSE TRIO: JOE SACHSE – MANFRED HERING – WOLFRAM DIX / TALISKER: KEN HYDER – TED EMMERETT – PAUL RODGERS CD 1 – jazzwerkstatt Peitz Nr. 41 WALTER NORRIS piano Recorded on June 21, 1981
CD 2 – jazzwerkstatt Peitz Nr. 33 BARRE PHILLIPS double bass JOHN SURMAN saxophones AINA KEMANIS voice Recorded on March 16, 1980
CD 3 – jazzwerkstatt Peitz Nr. 33 BILL CONNORS guitar J.-F. JENNY-CLARK double bass Recorded on March 16, 1980 jazzwerkstatt Peitz Nr. 41 UWE KROPINSKI guitar MARCIO MATTOS double bass Recorded on June 21, 1981
CD 4 – jazzwerkstatt Peitz Nr. 45 HARRY BECKETT trumpet & flugelhorn HARRY MILLER double bass LOUIS MOHOLO drums Recorded on April 24, 1982
jazzwerkstatt Peitz Nr. 33
JOE SACHSE TRIO JOE SACHSE guitar MANFRED HERING tenor saxophone WOLFRAM DIX drums Recorded on March 15, 1980
jazzwerkstatt Peitz Nr. 40 TALISKER KEN HYDER drums TED EMMERETT trumpet PAUL RODGERS double bass Recorded on April 17, 1981
DEU
Jazzwerkstatt Peitz, das bedeutete von 1973 bis 1982 viel mehr als nur eine Vielzahl handverlesener subversiver Konzerte im umzäunten Land. Bis zu seinem Verbot war das „Woodstock am Karpfenteich“ ein Sehnsuchtsort, an dem eine rigide Kulturpolitik offensiv unterlaufen wurde. Ausgerechnet in der östlichen Provinz nah beim Spreewald erfuhren und verinnerlichten Jazzliebhaber aus dem ganzen halben Land, wie viel größer die Welt ist.
Hier gingen Türen auf. Hier war der Ort, über die Mauer zu blicken und das Gesehene zu einer tragfähigen Haltung zu verdichten. Hier wurden Bands und Spielkonstellationen entwickelt, aber vor allem auch alternative Haltungen, die von Dauer waren. Hierher reiste man, um den frischen Wind der Improvisation zu spüren, der eine haltbare Gemeinschaft hervorbrachte und in diversen Lebenseinstellungen weiterlebte.
Heute wieder in die Niederlausitz zu fahren ist nicht Nostalgie, sondern ein Trip dorthin, wo mit Kontinuität, Fantasie und Wagemut etwas gewachsen ist, das sich als zukunftsfähig erweist. Deswegen wurde in den Jahren 2011 und 2012 die Tradition reanimiert – mit frischer Kraft, voller Facetten und erfolgreich.
Das Festival 2013 markiert das Jubiläum der 50. Jazzwerkstatt. In selbst in Peitz noch nicht gesehener Breite und Vielfalt lädt es ein zu Blicken zurück und vor allem nach vorn. Zwei der drei Tage sind fokussiert um spannende Open-Air-Events. Darüber hinaus wird der Spreewaldort an sechs Spielstätten mit insgesamt knapp zwei Dutzend Konzerten wie mit Musik ausgegossen sein.
Podiumsdiskussion, Ausstellung, Jazzmesse, Film und natürlich ein ausgedehnter Cateringbereich flankieren das opulente Programm. An drei Tagen steht der Spirit des Jazz im Zentrum vielfältiger Begegnungen.
Diese Musik ist aus Prinzip in Bewegung. Ihren Kern definieren kontinuierliche Selbsterneuerung, Vitalität und die Freude am Unverhofften. Diese Tradition mit ihren immer neuen Aufbrüchen in großer Bandbreite, doch fern von Beliebigkeit abzubilden, machte stets die Jazzwerkstatt Peitz aus: weltumspannende Programme am Wohlfühlort in der Provinz.
Amerika ist das Mutterland des Jazz, New York ist nach wie vor sein Kreativzentrum. Mehr und mehr aber entwickelt sich Berlin zum europäischen Konterpart und Korrespondenzort. Deswegen bilden beide Metropolen programmatische Kerne des Festivals 2013. Legenden des Jazz aus Übersee wie Archie Shepp, Wadada Leo Smith oder Andrew Cyrille werden sich mit aktuellen Konzepten vorstellen neben Kultbands wie Joseph Bowie‘s grooviger Defunkt oder den furios mit allen Augen zwinkernden Mostly Other People Do the Killing.
Jon Irabagon, der Saxofonist dieses grandiosen Quartetts, ist Artist in Residence. In seinem amerikanischen Trio konzertiert er mit Mark Helias und Barry Altschul, in einem europäischen Quartett mit Joe Sachse, Fred Thelonious Baker und John Marshall. Auch das für seine zwischen Abstraktion und Sinnlichkeit changierende Musik hoch gelobte Tom Rainey Trio ist mit Saxofonistin Ingrid Laubrock und der Gitarrenerneuererin Mary Halvorson deutsch-amerikanisch besetzt.
Berlin ist die Hauptstadt der Improvisation. Tatsächlich ist momentan nirgendwo in Europa die Jazzszene so in Bewegung wie hier. Clubs, Labels und immer mehr Musiker, die sich hier ansiedeln, auf dass sich immer neue Konstellationen ergeben. Einige der Besten und Innovativsten werden in Peitz auftreten: Silke Eberhard, Gerhard Gschlößl, Uwe Kropinski, Christian Lillinger, Claudio Puntin, Samuel Rohrer, Julie Sassoon, Henrik Walsdorff … bis hin zur fröhlich knarzenden und scratchenden DJ-Club-Musik des Duos Christopher Rumble.
Im Windschatten von Miles Davis oder Chet Baker erlebt die Trompete seit Jahren eine faszinierende Renaissance. Verfremdet oder pur, lyrisch oder eruptiv, traditionell oder innovativ ist sie als das gesangsnächste Instrument in immer neuen Variationen wieder ein zentrales Instrument aktueller Jazzentwicklungen. Drei Solokonzerte tragen dem Rechnung.
Der Amerikaner Peter Evans ist ein Alleskönner auf der Trompete und nicht nur als Mitglied von Mostly Other People Do the Killing einer der faszinierendsten Avantgarde-Musiker derzeit. Der in Berlin lebende Wiener Paul Schwingenschlögl holt sich, durchaus vergleichbar dem großen Don Cherry, die Welt in sein Instrument, um sie sich in freien Meditationen anzuverwandeln. Wadada Leo Smith ist einer der kreativsten und produktivsten Musiker dieser Tage.
Bei seinem unbegleiteten Auftritt wird sich mancher auch daran erinnern, dass er einst im in Peitz geborenen Trio Chicago-Wuppertal-Dresden mit Peter Kowald und Günter Baby Sommer spielte. Als Solist wird auch Adam Pieronczyk zu erleben sein, der derzeit wichtigste polnische Saxofonist. Damit schließt sich ein weiterer Kreis, denn in den 70er-Jahren waren es zuerst polnische Musiker, die über die Grenze in die Lausitz kamen, auf dass nach und nach dieser markante Ort auf Deutschlands musikalischer Landkarte entstand. Ulrich Steinmetzger